OGH zu Negativzinsen: Banken müssen Millionen zurückzahlen

Im Einzelfall hatte der OGH schon geurteilt, nun sprach das oberste Gericht auch in einer Verbandsklage mit hoher Signalwirkung Recht: Banken müssen bei variabel verzinsten Krediten einen Sollzins von bis zu Null Prozent akzeptieren. Laut AK-Tirol sind österreichweit Millionen Euro zurückzuzahlen.

Die Arbeiterkammer Tirol hat ein Verbandsklageverfahren gegen die Hypo Tirol Bank geführt und Recht bekommen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) urteilte in einer aktuellen Entscheidung, dass die Bank den Referenzzinssatz (etwa Euribor oder Libor), auf den sie die vereinbarte Marge draufschlägt, auch dann zur Berechnung des Sollzinses hernehmen muss, wenn er negativ ist. Die Bank hatte statt des Negativwertes Null Prozent als Untergrenze angesetzt.

Zum Hintergrund: Referenzzinssatz und Aufschlag der Bank ergeben den Sollzinssatz, den der Kunde an die Bank zahlt. Euribor oder Libor sind aber seit längerem negativ: Der drei-Monats-Euribor liegt etwa bei minus 0,33 Prozent, der Drei-Monats-Franken-Libor liegt sogar bei minus 0,73 Prozent. Wurde zum Beispiel ein Aufschlag von einem Prozentpunkt vereinbart, würde das mit Grundlage CHF-Libor bedeuten, dass der Sollzins nur noch 0,27 Prozent p.a. beträgt. Die Banken hatten sich hier aber auf den Standpunkt gestellt, dass bei einem negativen Referenzsatz die rechnerische Untergrenze Null Prozent beträgt: Der vereinbarte Aufschlag wäre demnach das Minimum gewesen, das die Kunden zu bezahlen hatten.

Einseitige Begrenzung geht nicht

Die Zinsgleitklauseln könnten nicht einseitig nach unten hin gedeckelt werden, während sie nach oben hin unbegrenzt angehoben werden können, urteilte das Gericht. Am Ende bedeutet das, dass die Banken einen Sollzins von bis zu Null Prozent akzeptieren müssten, wenn die Referenzsätze sehr tief sinken. Unter Null – sprich, dass die Bank an den Kunden Zinsen zahlen müsste – kann es nicht gehen, denn auch das hat der OGH bereits in einem anderen Urteil festgestellt: Bei einem Kreditvertrag herrscht Einvernehmen, dass der Kunde der Bank etwas zahlt, nicht umgekehrt.

Vor dem aktuellen Urteil hatte es bereits im Mai einen gleichlautenden Spruch des OGH in einer Feststellungsklage gegeben. „Der Unterschied ist, dass wir nun in einem Verbandsklagsverfahren Recht bekommen haben, davor hat es sich um eine Feststellungsklage gehandelt. Die Banken haben danach weiter argumentiert, dass sie mit Rückerstattungen warten, weil es sich um einen Rechtsspruch im Einzelfall gehandelt hat. Die Zeit der Ausreden ist vorbei“, sagt Andreas Oberlechner, Leiter der Rechtsabteilung bei der Arbeiterkammer Tirol.

Hohe Rückzahlungen

Das aktuelle Urteil habe Signalwirkung für ganz Österreich, es seien automatisch alle Banken aufgefordert, die zu viel kassierten Beträge zurückzuzahlen und die Kunden zu informieren. Man gehe von „zigtausenden Betroffenen“ in Österreich aus. Je nach Umfang und Ausgestaltung der Kreditverträge könnten im Einzelfall mehrere Hundert Euro oder bei Frankenkrediten, wo der Referenzzinssatz noch tiefer ist, mehrere tausend Euro zurückzuzahlen sein, sagt Oberlechner. Insgesamt würde es landesweit um Millionenbeträge gehen.

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