Negativzinsen: Manche Banken zahlen, manche warten auf finales Urteil
Nach dem viel beachteten OGH-Negativzinsurteil im Juni haben etliche Banken ihren Kunden zu viel eingehobene Beträge bereits zurückgebucht. Doch zahlreiche Institute sperren sich nach wie vor: Sie warten auf ein letztes Urteil, das unmittelbar bevor steht.
Viele Banken bilden in ihren Halbjahresbilanzen Rückstellungen in Millionenhöhe und wollen die Causa Negativzinsen so bald wie möglich bereinigt haben. Doch während in manchen Fällen die Kunden das Geld schon am Konto haben, gibt es für andere noch Ungewissheit.
Reinen Tisch machen zum Beispiel Erste Bank und Volksbanken: Ein Erste-Sprecher sagte, per 30.9. sollen bei den Verbraucherkrediten alle zu viel bezahlten Beträge rücküberwiesen worden sein. Die Volksbank Wien hat ebenso angekündigt, dass jeder Kunde bis Ende des dritten Quartals das Geld überwiesen bekommt. So flott sind nicht alle.
Letztes anhängiges Verfahren soll Klarheit bringen
„Aus den Rückmeldungen, die wir haben, sehen wir, dass sich die Banken sehr unterschiedlich verhalten“, sagt Beate Gelbmann, Leiterin der Abteilung Klagen im Verein für Konsumenteninformation VKI. „Einige sagen nach wie vor, sie zahlen nicht, weil noch ein letztes Verfahren anhängig ist. Ich bin mir aber sehr sicher, dass auch hier der OGH zugunsten der Konsumenten entscheiden wird. Es geht in diesem Fall genau um die selbe Thematik, dass eine Bank die Marge, die sie verlangt als zu zahlende Untergrenze eingezogen hat. Das ist laut bereits erfolgtem OGH-Urteil aber nicht erlaubt“, so Gelbmann.
Im betreffenden Fall – es geht um eine Verbandsklage des VKI – argumentiere die betroffene Bank mit den ökonomischen Folgen von sehr geringen Zinsaufschlägen. Exakt diese wirtschaftliche Komponente hat der OGH aber bereits in einem vorangegangenen Urteil als unerheblich eingestuft. Das Urteil wird laut Gelbmann „baldest“ erwartet.
Raiffeisen wartet
Zu den Abwartenden gehört der oberösterreichische Raiffeisensektor: „Wir warten noch das Urteil im Verfahren gegen die Raiffeisenbank Bodensee ab. Es wurde in die Argumentation eine größere wirtschaftliche Gesamtbetrachtung eingebracht. Sollte das Urteil erneut gegen die Bank ausgehen, werden wir uns natürlich nach den Erfordernissen richten“, sagte ein Sprecher der RLB OÖ. Im Ende August erwarteten Halbjahresbericht seien Rückstellungen vorgesehen. Bei der RLB-NÖ-Wien wartet man nach Auskunft einer Sprecherin ebenso auf den Ausgang des Verfahrens.
Ein Sonderfall ist die Bank Austria. Sie hat laut VKI in alten Verträgen von vorn herein Null als von den Kunden zu zahlende Untergrenze eingezogen, was laut OGH gerechtfertigt ist. Ab 2016, wie ein Sprecher der Bank sagte, sei es zum einseitigen Einziehen der Marge als Untergrenze gekommen, es seien „nicht so viele Fälle betroffen, wie bei anderen Banken“. Genaue Angaben machte er nicht.
Dem Anschein nach hat die Bank Austria jedenfalls noch kein Geld rückgezahlt: „Die betroffenen Kunden werden von uns ein Schreiben erhalten, in dem wir sie grundsätzlich über die Neuberechnung des Kredites sowie die sich daraus ergebende Gutschrift informieren. Die tatsächliche Rückbuchung erfolgt abhängig von der technischen Implementierung. Die allfällige Rückbuchung der Zinsen und damit die Richtigstellung des Kreditsaldos wird valutagerecht, das heißt rückwirkend für die Verzinsung zu Gunsten des Kunden individuell erfolgen“, so der Sprecher, der die Frage nach einem genauen Zeitraum für etwaige Rückzahlungen unbeantwortet ließ.
Das Urteil
Der OGH hatte im Juni einer Verbandsklage gegen eine Bank recht gegeben und damit vorangegangene Urteile bekräftigt. Eine Bank muss den Referenzzinssatz (etwa Euribor oder Libor), auf den sie die vereinbarte Marge bei variablen Krediten draufschlägt, auch dann zur Berechnung des Sollzinses hernehmen, wenn er negativ ist. Sie darf (wenn der Referenzzinssatz negativ wird) nicht einseitig festlegen, dass der Kunde mindestens die Marge (Aufschlag) zahlen muss, wenn es gleichzeitig keine entsprechende Obergrenze gibt, die die Kunden gegen steigende Zinsen absichert.
Eine einseitige Absicherung der Bank gegen fallende Zinsen ist demnach nicht rechtens. Die Banken müssen allerdings auch keine Zinsen an Kunden zahlen, sollte der Referenzzinssatz so weit negativ werden, dass sich trotz Aufschlags ein Minuswert ergibt. Im extremsten Fall müssten die Kunden keine Zinsen zahlen.
Quelle: Fonds Professionell Online
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