Negativzinsen: Weiteres Urteil gegen Bank Austria

 

Beim Thema Negativzinsen gibt es ein weiteres Urteil. Bereits zum vierten Mal bestätigt das Wiener Handelsgericht, dass eine einseitig festgesetzte Zinsuntergrenze von Seiten der Bank unzulässig ist.

Im aktuellen Fall hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG geklagt, weil die Kreditverträge von 2016 eine Zinsgleitklausel mit variablem Zinssatz enthalten, in der zwar eine Zinsuntergrenze festgelegt wird, aber keine Zinsobergrenze. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI jetzt Recht und entschied, dass die fraglichen Klauseln unzulässig sind. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zinsanpassungsklauseln müssen Zweiseitigkeit entsprechen

Das Gericht befand, dass auch Zinsanpassungsklauseln dem Erfordernis der Zweiseitigkeit entsprechen müssen. Diese besagt, dass bei der Einführung einer Untergrenze für Entgelte auch eine Obergrenze bestimmt werden muss. Es entspricht dem Gedanken der Vertragssymmetrie, dass die Bank zur Senkung von Zinsen in derselben Relation verpflichtet ist, in der sie umgekehrt Erhöhungen vornehmen darf.

Für Zinsanpassungen darf nur dann eine Untergrenze eingezogen werden, wenn auch eine adäquate Obergrenze festgelegt ist. Rein wirtschaftliche Erwägungen auf Seiten der Bank sind laut Gericht nicht entscheidend, weil es unabhängig davon in der Verantwortung der Bank liegt, die Vertragssymmetrie zu wahren. Überdies kann die Entwicklung des Euribor, welcher der Zinsgleitklausel zugrunde gelegt wurde, auch einen für den Kreditnehmer wirtschaftlich ruinösen Verlauf nehmen.

OGH-Urteil wird erwartet

Bereits im September des Vorjahres hat das Handelsgericht Wien – als erstes Berufungsgericht – in einem anderen Urteil gegen die Bank Austria entschieden, dass Negativzinsen, wenn vertraglich nicht anders vereinbart, gutzuschreiben sind. Der Fall liegt derzeit beim OGH. Eine Entscheidung wird in den kommenden zwei bis vier Wochen erwartet.

Welche Auswirkungen das OGH-Urteil auf die österreichischen Banken haben könnte zeigt ein Gutachten der Universitätsprofessoren und Bankenexperten Stefan Pichler und Rainer Jankowitsch. In diesem Gutachten, das im Auftrag der Sparkasse Oberösterreich erstellt wurde, werden die Auswirkungen einer länger andauernden Phase negativer Referenzzinssätze (zB Euribor und Libor) auf das Geschäftsmodell österreichischer Banken analysiert.

Darin wird erklärt: „Wenn eine Zinsuntergrenze von 0 % bei Einlagen zur Anwendung kommt und gleichzeitig bei Krediten negative Referenzzinssätze vollständig an Kreditnehmer weitergegeben werden müssen, ergibt sich daraus eine starke Asymmetrie zu Lasten der Banken. Bei einem Referenzzinssatz von -1 % weist eine typisch österreichische Bank nachhaltige Verluste auf. Bei noch negativeren Zinssätzen besteht die Gefahr, dass die Bank bereits in sehr kurzer Zeit ein Abwicklungsfall ist.“

 

Quelle: Fondsprofessionell 23.01.2017
Martin Häusler (B-Quadrat Versicherungsmakler)

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